Nicht nur die Großen mit Marktmacht sollten eine Überlebenschance haben, sondern vor allem die vielen kleinen, die die Module auf die Dächer bringen
Willi Wohlfart gründete 2005 die SUNWORX-Solar GmbH ein international
tätiges Photovoltaik-Systemhaus mit Sitz in Lauf an der Pegnitz, bei
Nürnberg. Weitere internationale Niederlassungen befinden sich in
Italien, Griechenland und in den USA.
Im Solar-Interview spricht der Geschäftsführer über die Diskussion zur
Abschaffung der Solar-Förderung, die Bereinigung des
Photovoltaik-Marktes und die Strompreisdiskussion im Zusammenhang mit
der EEG-Umlage.
Willi Wohlfart: " Inzwischen finden immer mehr Bürger die schamlose Lobbypolitik der schwarz-gelben Regierung unerträglich"
Energiewende von unten statt von oben
Die Debatte um das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), Lobby-Politik und
die Strompreislüge diskreditieren gegenwärtig die erneuerbaren
Energien. Die fossilen Energie-Riesen sehen gerade durch den starken
Zubau von Solarstromanlagen ihre Gewinne schwinden. Wenn jeder
Hausbesitzer zum Selbstversorger wird, bricht eine beachtliche
Einnahmequelle weg. Wen wundert da die Vernebelungstaktik? Die Bürger
sind verunsichert, und die Solar-Industrie muss um ihre Existenz
kämpfen, stellt Wohlfart fest.
Statt die Energiewende weiter voranzutreiben, werde immer wieder
versucht, die Gewinne der Großen zu sichern. Wie beispielsweise durch
teure Offshore-Windkraftanlagen. Hier sei die FDP auf einmal der große
Befürworter und genehmige den Betreibern sogar noch eine
Ausfallentschädigung, wenn die Anlagen aufgrund fehlender Stromleitungen
nicht ins Netz einspeisen können. Wohlfart ärgert sich über diese
Politik und bezieht Stellung zur aktuellen Lage.
Wie beurteilen sie die derzeitige Lage der Photovoltaik?
W. Wohlfart: Die Photovoltaik ist nur deshalb so groß
geworden, weil die kleinen und mittelständischen Unternehmen diese
Branche hochgezogen haben. Die großen Player in der Energieversorgung
haben da einiges verschlafen und unterschätzt. Inzwischen sehen sie die
vielen, kleinen Solarstromanlagen, die für so manchen Privatmann, aber
auch für kleinere Unternehmen Energieunabhängigkeit bedeuten. Bezahlbare
Energiespeicher machen das inzwischen möglich, und die Entwicklung geht
rasant voran.
Die Diskussion und das politische Hin und Her um die Kürzung und
Abschaffung der Solar-Förderung haben einer Vielzahl auch namhafter
Unternehmen geschadet. Nur wer Reserven hatte, überstand die
Durststrecken der vergangenen Monate. Die Pleitewelle sprach für sich
und ist noch in vollem Gange. Seit die schwarz-gelbe Bundesregierung,
getrieben durch Bundeswirtschaftsminister Rösler und den
FDP-Fraktionsvorsitzenden Brüderle, zum Kahlschlag in der PV-Industrie
angesetzt hat, sind Tausende Arbeitsplätze verloren gegangen, und es
werden noch viele folgen.
Nicht nur die Großen mit Marktmacht sollten eine Überlebenschance
haben, sondern vor allem die vielen kleinen, die die Module auf die
Dächer bringen und später dafür sorgen, dass die Anlagen ihren Besitzern
ordentliche Stromerträge bringen!
Dachdecker, Elektriker, Handwerker aus dem Baugewerbe - das sind die
Arbeitsplätze, die die Branche geschaffen hat, und um deren Erhalt es
geht. Sie sind besonders wertvoll, da sie in vielen, besonders auch
strukturschwachen Regionen entstanden sind und dort den Menschen ein
Einkommen sichern und die Abwanderungen verhindern.
Sehen Sie eine Zukunft für die Solar-Branche?
W. Wohlfart: Der Solarmarkt 2013 wird sicher
noch schwieriger. Die Kreativität der Unternehmer ist gefragt. Nischen
müssen besetzt werden. Individuelle Energiekonzepte sind zu erarbeiten.
Die Marktbereinigung trifft auch im nächsten Jahr nicht nur die
Solarmodulhersteller. Im Groß- und Einzelhandel, aber auch bei den
Installateuren wird man ums Überleben kämpfen. Für SUNWORX bin ich
verhalten optimistisch. Wir sind mittlerweile sehr breit aufgestellt,
und unsere Innovationsfreude schafft Geschäftspotenzial für die Zukunft.
Wo sehen Sie die Chancen am Markt für 2013?
W. Wohlfart: Getrieben durch weitere
Strompreiserhöhungen und durch bezahlbare Energiespeichermöglichkeiten
sehe ich den Privatkundenmarkt wachsen. Die Eigenversorgung ist jetzt
preislich schon attraktiver. Dabei spielt die Langlebigkeit der Anlagen
eine große Rolle. Die Qualität der Komponenten steht im Vordergrund.
Dies ist eine Chance für deutsche Modulhersteller.
Im Geschäftskundenbereich liegt der Fokus noch immer auf Renditen durch
das EEG. Nur langsam geht ein Wandel hin zu Energiekonzepten mit
Eigenverbrauch. Günstige (Fossil-) Stromtarife für die Industrie bremsen
den Einsatz erneuerbarer Energien gewaltig aus.
Bei den Investoren sehe ich den Markt für Solar weiterhin rückläufig.
Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis Modelle entwickelt sind, die
ohne eine EEG-Vergütung die bisherige Wirtschaftlichkeit erreichen.
Zahlreiche Modelle werden entwickelt, aber es ist noch nicht so weit.
Wie beurteilen Sie die Politik? Was sagen Sie zur Strompreisdiskussion im Zusammenhang mit der EEG-Umlage?
W. Wohlfart: Hier fehlen einem fast die Worte
- oder sie würden zu heftig und zu deutlich ausfallen. Glücklicherweise
finden inzwischen auch immer mehr Bürger die schamlose Lobbypolitik der
schwarz-gelben Regierung, allen voran der Herren Brüderle und Rösler,
unerträglich. Wir erfahren das häufig bei unseren Gesprächen mit Kunden
und Interessenten. Viele Bürger nehmen die Energiewende selbst in die
Hand und engagieren sich in Energiegenossenschaften etc.
So wie ich das sehe, wird Umweltminister Altmeier von der FDP ebenso
blockiert wie damals Herr Röttgen. Für Zukunftsbranchen wie die
erneuerbaren Energien ist dieses politische Gezänk tödlich. Leider
müssen die Herren für die Konsequenzen und Auswirkungen ihrer
unberechenbaren Politik nicht selbst haften. Leidtragende bleiben die
Unternehmen und die Umwelt.
Was mich ebenso aufbringt, ist die Strompreisdebatte, vor allem das
dreiste Märchen vom teuren Ökostrom. Was konservative Politiker und
Industrievertreter lieber nicht sagen ist, dass Atom- und Kohleenergie
die Verbraucher unter dem Strich deutlich mehr kosten als Ökostrom.
Das hat auch eine Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft
(FÖS) gezeigt. Atomkraft und Kohle wurden vom Steuerzahler über
Jahrzehnte subventioniert. Die Kosten für die Energiewende und die
erneuerbaren Energien sind dagegen wesentlich niedriger. Seit 1970 wurde
Atomstrom mit mindestens 187 Milliarden Euro gefördert. Energie aus
Stein- und Braunkohle mit 177 Milliarden beziehungsweise 65 Milliarden.
Im Vergleich dazu sind 54 Milliarden für erneuerbare Energien eher
gering! Und trotzdem wird weiterhin vom teuren Ökostrom gesprochen und
geschrieben, wider besseres Wissen.
Wie gehen Sie das Jahr 2013 an?
W. Wohlfart: Ich werde auch weiterhin mit meinem Team
an Konzepten für die Energieunabhängigkeit arbeiten. Dabei sprechen wir
verstärkt die Privathaushalte an. 45 Quadratmeter Dachfläche reichen
bereits für die Stromversorgung einer vierköpfigen Familie aus. 15 bis
17 Cent pro Kilowattstunde kostet der Solarstrom vom eigenen Dach und
liegt so bereits heute zwischen acht und zehn Cent unter dem Preis für
Haushaltsstrom, je nach Stromanbieter und Art des erzeugten Stroms.
Das ist ein Anreiz bei ständig steigenden Strompreisen und macht den
selbst erzeugten Solarstrom immer wertvoller. Die Erzeugungskosten
bleiben gleich, egal ob die Energieversorger weiter an der Preisschraube
drehen. Das gibt Preisstabilität für 25 Jahre und länger, je nach
Qualität der Anlage!
Im Unternehmen versuchen wir, Ökonomie, Ökologie und soziale
Gerechtigkeit zu leben. Für mich ist das der richtige Weg, auf lange
Sicht wirtschaftlich erfolgreich zu sein und unseren nachfolgenden
Generationen eine intakte Umwelt zu erhalten. Hierfür lohnt es sich zu
kämpfen!
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